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Nadeshda - Das Ghetto der Roma
Die Bulgarische Stadt Sliven hat 95.000 Einwohner. Über ein Viertel davon sind Roma. Die meisten von ihnen leben am Rand der Stadt in einem Ghetto namens Nadeshda. Dort gibt es kaum Wohnraum, aber viele Kinder. Die meisten Eltern sind arbeitslos und nach Jahrzehnten ohne Besserung der Lebensbedingungen gehören raue Sitten zur Kultur des Ghettos. Resignation hat sich bei vielen breit gemacht, denn alltägliche Diskriminierung der Roma ist in Bulgarien nach wie vor weit verbreitet.
Die Stadt Sliven in Bulgarien
Fläche des Ghettos: 400x550m - 20.000 Bewohner
Wer in Nadeshda geboren ist, hat kaum Chancen auf eine gute Ausbildung. Viele Jugendliche haben keine oder gering qualifizierte Schulabschlüsse. Innerhalb Nadeshdas bieten nur einige kirchliche Einrichtungen eine Art Schulbildung an. Die zwei staatlichen Schulen außerhalb in der Nähe des Ghettos werden ausschließlich von Roma-Kindern besucht. Die meisten bulgarischen Eltern haben ihre Kinder dort abgemeldet und auf andere Schulen geschickt.
Die Mauer um Nadeshda
In Nadeshda
Kommunikation oder sozialer Austausch zwischen Bulgaren und Roma aus dem Ghetto findet kaum statt. Viele Bewohner von Nadeshda verlassen das Ghetto nur, um zu betteln, Müll zu sammeln oder in den angrenzenden Fabriken zu arbeiten. Die meisten Bulgarischen Bewohner Slivens betreten das Ghetto nie. Die Roma in Nadeshda sind "Eindringlingen" und Fremden gegenüber sehr misstrauisch. Sie haben seit dem Zusammenbruch des Ostblocks viele schlechte Erfahrungen gemacht mit Hilfsprojekten und Politik in Zusammenhang mit Korruption.
Ein Projekt, dass seit einigen Jahren eine positive Entwicklung verzeichnet, ist das Hilfsprojekt "Musik statt Straße" des erfolgreichen Konzertgeigers Georgi Kalaidjiev, der selbst aus Nadeshda stammt.
Nadeshda bei Nacht
Innerhalb des Ghettos gibt es eine örtliche und soziale Separierung. Die Gruppe der Türkischen Roma stellt dabei eine Art "Oberschicht" dar, die "Musiker" (früher Geldverdienst durch Musizieren, heute kaum noch) stehen etwas darunter. Die "Nackten Zigeuner" leben im südlichen Teil von Nadeshda. Dort herrschen Slum-Zustände und höhere Kriminalität. Seit Jahren kaufen Politiker vor allem dort Wahlstimmen mit dem Versprechen eine Kanalisation zu bauen, doch bis heute sind die hygienischen Zustände miserabel.
Die Stadt Sliven hat einen eigenen Bürgermeister für das Quartal Nadeshda eingesetzt. Seine Autorität ist gedoch äußerst begrenzt.
Ein besonderes Problem stellen in Nadeshda die ausgesprochen frühen Heiraten dar. In Ausnahmefällen wurden Mädchen schon im Alter von nur 11 Jahren verheiratet. Vor allen in den ärmsten Teilen des Ghettos kommt es auch heute noch vor, dass die zukünftige Braut von Seiten des Bräutigams entführt und entjungfert wird, um sie so zur Heirat zu zwingen. Diese "Tradition" wird von vielen aufgeklärteren Schichten in Nadeshda scharf verurteilt. Die Gefahr eines Kidnappings besteht dennoch, sodass manche Eltern ihre Töchter im heiratsfähigen Alter kaum alein auf die Straße lassen.
Die Bildungschancen für Mädchen sind insgesamt geringer als die für Jungen.
"Nadeshda" bedeutet im Bulgarischen "Hoffnung".
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